Reconstruction 7.4 (2007)


Return to Contents»


Theme Park Reconstructed / Tanya Ury

 

Inklusive der Photoserie Theme Park (51 Photos)
2005-06
Click images for larger versions.

www.tanyaury.com

 

Die Geschichte Proras und des Massentourismus

 

Theme Park 1. Innere Ansichten eines Kaffeehaus, Binz.

 

<1> Prora bei Sassnitz ist Teil des kleinen Urlaubsortes Ostseebad Binz an der Prora Wiek, einer der Buchten der Insel Rügen. Prora und Binz sind durch ein paar Kilometer Sandstrände getrennt. Der eine Ort, fast nicht bewohnt, ist eine historische Geisterstadt, die aber jährlich von 250.000 Geschichtsinteressierten besucht wird, der andere ein hauptsächlich im Sommer überflutetes Touristen-Paradies.

 

Theme Park 2. Fensterblick innerhalb eines Kaffeehauses, Binz.

 

<2> "Prora war Europas erstes durchindustrialisiertes Ferienparadies... es veranschaulicht die Militarisierung des Alltagslebens durch die Nazis...” [1]

 

Theme Park 3. Das Domizil „Vergissmeinnicht”, Binz

 

<3> Die vielen sechsstöckigen kasernenähnlichen Gebäude Proras, genannt Koloss von Rügen, wurden zwischen 1936-39 von der NSOrganisation fast fertig gebaut und liegen in ca. 150 Meter Entfernung vom Strand. Dieses in etwa 4,5 Kilometer lange Seebad wurde zur Wohlfahrt von deutschen 20.000 Arbeitern eingerichtet, die „Kraft durch Freude" schöpfen und ihre Nerven für den kommenden Krieg stärken sollten. [2] Die Idee, Prora, dieses massive Touristen Zentrum zu bauen stammte von Hitler: „Man muss ein Riesenbad bauen - das gewaltigste und größte von allen bisher da gewesen." [3]

 

Theme Park 4. Frau außerhalb des Restaurants „Möwe" auf eine Menükarte schauend, Binz.

 

<4> Bei der Übernahme der Arbeitervereine durch die Nazis kam es zu regelrechten Staatsstreichen, bei denen Gewerkschaftsführer ermordet wurden; die Löhne wurden eingefroren und die Arbeiter konnten sich keine Urlaubsreisen mehr leisten. Die Nazi-Organisation erkannte rechtzeitig, dass es ein großes Bedürfnis gab, sich in Betriebsferien von den schweren Anforderungen, der allgemeinen Aufrüstung gab zu entspannen. [4] Das Kdf-Projekt wurde als Propaganda im Namen des Arbeitervolks durch den Führer der Deutschen Arbeiterfont Robert Ley eingesetzt - „Kraft durch Freude" wurde zu einer Massen-Bewegung die nach Big-Brother-Art die gesamte Freizeit ihrer Mitglieder organisieren soll.

 

Theme Park 5. Deutsches Haus „Flagge", Binz.

 

<5> Die „Nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude" wurde bereits in 1933 gegründet. Bis 1939 nahmen 34 Millionen Mitglieder eintägige Urlaubsreisen und 7 Millionen mehrtägige Reisen, auch für Europa beispiellos in der Geschichte des Tourismus. 1940 sollten 130.000 Mitglieder der Deutschen Arbeitsfront einen KdF-Wagen besitzen. Dieser „Volkswagen" (VW) sollte unter tausend Mark kosten und wurde als Vehikel des Massentourismus entwickelt ebenso wie auch eine „Kdf-Flotte" die für den Auslandstouismus gedacht war. Dennoch konnte sich nur einer von sechs Arbeitern eine solche Kreuzfahrt leisten. [5]

 

Theme Park 6. Deutsches Haus, Binz.

 

<6> Der Architekt von Prora, Clemens Klotz aus Köln war seit 1933 NSDAP Mitglied. Die Prora-Schlafzimmer (ca. 2,5 x 5 Meter) sollten alle Seeblick haben und mit Zentralheizung versorgt sein, damit man sie auch außerhalb der Saison verwenden könnte. Des weiteren es sollte dort Empfangshallen, Cafés und Restaurants mit Terrassen geben, Spielräume mit Kegelbahnen und Billardräume, Säle für Tanz- und Gesellschaftsveranstaltungen, Kinos und Theater. Außerdem plante man den Bau einer mit künstlichen Wellen geschmückten Schwimmhalle von 40 x 100 Metern die auch in den kalten Monaten genutzt werden könnte.

 

Theme Park 7. Nahaufnahme einer Blaskappelle auf dem Binzer Vorplatz.

 

<7> Das KdF-Seebad Rügen in Prora, Prototyp für vier weitere solcher Bäder wurde jedoch nie als „KdF-Bad" genutzt. [6] Die Kdf-Schiffen wurden für ihre Verwendung im Krieg grau gestrichen und in schwimmende Lazarette verwandelt und statt der Kdf-Autos baute man Militärkübelwagen. Nach 1939 wurde Prora für die Ausbildung von Polizisten und Funkerinnen verwendet. Die Baufirmen samt Arbeitern wurden zu Baustellen entsandt, die militärischen Zwecken dienten, vor allem im Raketenversuchsgelände Peenemünde und am „Westwall". 1943 diente der Ort auch als Notunterkunft für die ausgebombten Bürger Hamburgs.

 

Theme Park 8. Blaskappelle auf dem Binzer Vorplatz.

 

<8> Darüber hinaus wurde er 1944 als Lazarett gebraucht und gegen Kriegsende für Flüchtlinge aus dem Osten verwendet. Zu jener Zeit hatte die Wehrmacht russische Kriegsgefangene und osteuropäische Zwangsarbeiter in Prora eingesperrt, darunter auch Frauen.

 

Theme Park 9. Zwillingspaar; zwei alte Damen in blau, auf der Seebrücke, Binz.

 

Theme Park 10. Die Seebrücke, Kräne und deutsche Fahnen, Binz.

 

<9> In der Nachkriegszeit wurde Prora als DDR-Offiziersschule genutzt [7] - das Gelände war damals militärisches Sperrgebiet. Die Fertigstellung einiger Bettenhäuser fiel in diese Periode. Der NVA [8] stellte dann 1000 Betten in Ferienhäusern für Offiziere zur Verfügung. Für die Öffentlichkeit wurde Prora erst 1990 wieder zugänglich gemacht. [9]

 

Theme Park 11. A Beach café, cranes and German flags, Binz.

 

<10> Heute stehen auf dem Gelände (das unter Naturschutz steht) fünf Gebäudeblöcke. [10] Bettenhäuser mit verschiedenen musealen Einrichtungen, unter anderen das Museum „Wasserwelt", das Dokumentationszentrum Prora und ein DDR-Museum befinden (Planet DDR). Dieses ganze Gebiet ist auch im Ausland als Mahnmal der Bau- und Sozial-Geschichte des „Dritten Reiches" bekannt. Seit 1992 steht Prora unter Denkmalschutz und ist neben dem „Reichsparteitagsgelände" in Nürnberg die größte geschlossene architektonische Hinterlassenschaft der nationalsozialistischen Zeit.

 

Theme Park 12. Sand, Schwäne und See, Binz, 1.

 

Theme Park 13. Sand, Schwäne und See, Binz, 2.

 

Theme Park 14. Sand, Schwäne und See, Binz, 3.

 

Verschiedene Sorten von Themenparks

<11> Im Dezember 2003 gab die Regierung (damals unter Kanzler Schröder) ihre Zustimmung zum Verkauf des Museumskomplexes. Bedingung war die Zustimmung des Landkreises Rügen und der Gemeinde Binz. Die diversen Gemeinden entschieden, die Museumsmeile lieber zu behalten und lehnten einen Verkauf an die Inselbogen GmbH oder Uniconsulta ab; sie selber hatten bereits 1999 ein Kaufangebot vorgelegt. Dennoch verkaufte das Bundesvermögensamt im September 2004 Teile der Einrichtungen des NS-Erholungszentrums Prora sowie 70 Hektar Wald und Wiese: Uniconsulta, ein im Fürstentum Liechtenstein ansässiges Marktforschungsinsitut [11] ersteigerte die Ruinen im Norden Inselbogen den Block III und den Querriegel.

 

Theme Park 15. Gehweg zur See, Schild und Schiff, Binz.

 

<12> Weil es sich dabei um eine öffentliche Versteigerung handelte, erhielt der Bund des Prora-Museums keinerlei Mitspracherechte bei einer Neugestaltung. Man fürchtete eine riesige Immobilienspekulation. [12] Was Kurt Meyer, Vorstand der "Inselbogen GmbH", und damit der neue Besitzer des NVA-Museums und der "Kultur-Kunststadt" für die Zukunft plante, war unklar, aber zum damaligen Zeitpunkt in 2005 fürchteten die Angestellten des Prora-Museums und des Dokumentationszentrums um die Existenz ihrer Einrichtungen, sollten die Mieten erhöht werden. [13]

 

Theme Park 16. Gehweg zur See und Jungs, Binz.

 

<13> "’Sollte der Verkauf genehmigt werden, wird das Zentrum von Prora an einen Menschen fast verschenkt, der sich nicht um die historische Bedeutung des Ortes kümmert,’ Rostock meint, Meyer vermarkte Prora als eine Art Disneyland." [14]

 

Theme Park 17. Junge Leute, beim Beach-Volleyball, Binz, 1.

 

Theme Park 18. Junge Leute, beim Beach-Volleyball, Binz, 2.

 

<14> Die von Rostock aufgeworfene Vermutung, dass Prora möglicherweise als Themenpark [15] vermarktet wird, ist gerechtfertigt: eingedenk der deutschen repressiven Strategien gegenüber bestimmten weniger bekannten Kapiteln der deutschen Geschichte, erscheint es durchaus denkbar, dass von Kurt Meyer’s Inselbogen ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager tatsächlich in eine Art Themenpark verwandeln wird. Dr. Jürgen Rostock hat den Verdacht, dass hier eine verborgene rechte Agenda ins Spiel kommen könnten.[16]

 

Theme Park 19. Nadine Burger und Nicole Schmidt, Binzer Strand.

 

<15> Rostock, seit 1992 Leiter des Dokumentationszentrums, organisiert Tagungen und Symposien zur historischen Aufbereitung des ehemaligen Seebades Prora. Als wir gemeinsam den Strand von Prora nach Binz entlang gingen, nach der Eröffnung der Ausstellung „Stets gern für Sie beschäftigt...", an der ich teilgenommen hatte, erzählte er mir, dass Prora durch die Europäische Union und nicht etwa durch den deutschen Staat gefördert würde. Dieser, so glaubt Rostock, verdränge aktiv viele Aspekte seiner dunklen Vergangenheit. [17] Gewisse Orte, insbesondere die KZ-Gedenkstätten seien geradezu auf deutsche Budgets abonniert; Gelder für ostdeutsche Gedenkstätten hingegen flössen wenn überhaupt, dann an Peenemünde (die ehemalige Nazi-Militärbasis) - Prora ginge immer leer aus, was wiederum Deutschlands geringe Achtung für dieses besondere Monument zeige.

 

Theme Park 20. Nadine Burger und Nicole Schmidt, ihre Jungs und Baby, Binzer Gehweg und Strand.

 

<16> Hingegen darf Kurt Meyer, ehemaliges Mitglied der Museumsbetreiber und jetzt Besitzer von Block III, auf 20 bis 27 Millionen Euro aus der Landeskasse spekulieren - obwohl die weitere Unternehmens-Strategie von Uniconsulta überhaupt noch nicht öffentlich bekannt ist. Auch auf dem restlichen Gelände von Prora sind bauliche Veränderungen denkbar - oder bereits schon im Gange, teilweise ohne rechtliche Grundlage: in Block V plant das Herbergswerk die größte Jugendherberge Europas, den Bau einer großen Ferieneinrichtung für Jugendliche und Familien, Block I und II stehen leer, Block VI existiert nicht mehr - es gibt nur noch einzelne Trümmer, aber sind Verkaufsverhandlungen mit dem Jugendherbergswerk im Gange. Block VII dagegen, der von Ruinen, Parkplätzen und Waldgebieten umfasst wird, wurde am 23.9.04 für 625000 € an die Firma Uniconsulta versteigert, obwohl es hier keine Baugenehmigung gibt.

 

Theme Park 21. Touristen auf dem Gehweg zwischen Hotels und Strand, Binz.

 

Die Geschichte von Binz und die Photoserie Theme Park

<17> Man sagt, dass die Ostküste Rügens, nahe der Südküste Dänemarks, eine der schönsten deutschen Naturlandshaften sei - hier entspannten sich der Komponist Brahms, die Schriftsteller Gerhard Hauptmann, Theodor Fontane, Strindberg und andere kulturelle Koryphäen. Der Geist der deutschen Romantik schwebt umher - und folgerichtig hat auch Kaspar David Friedrich Landschaften auf Rügen gemalt.

 

Theme Park 22. Fahnen auf dem Gehweg zwischen Hotels und Strand, Binz; trübes Wetter.

 

<18> Ende Mai 2005, als ich im Dokumentationszentrum Prora, in der Ausstellung über die Nazi-Verstrickung der deutschen Industrie, teilgenommen hatte, mietete ich ein Appartement im neuen Hotel Binz-Therme und blieb ein paar Tage länger als geplant - es war mein erster Aufenthalt an der Ostsee. Die Photoserie Theme Park ist aus vielen Bildern entstanden, die ich von Proras grauen Beton- und Ziegel-Bauten gemacht hatte, von gesprengten Ziegelwänden und Ruinen sowie von den älteren und neueren Ferienappartements, Hotels, Gehwegen und mit Menschen bevölkerten Stränden von Binz. Meine Absicht war, die Gegensätze - und auch mögliche Ähnlichkeiten - zwischen Prora und Binz zu fotografieren. Das Ergebnis ist eine Präsentation, die den Beobachter auf einen Spaziergang durch verschiedene Landschaften mitnimmt. Die Serie wird auf eine filmische, erzählerische Art präsentiert - diese Vorgehenswiese entwickelte sich aus meinem früheren Umgang mit dem Medium Video; obwohl eine hohe Qualität der photographischen Technik nicht unbedingt das vorrangige Ziel dieser Dokumentation war, wurden die Photos 2006 digital bearbeitet, um einen Postkarten-Look zu erzielen.

 

Theme Park 23. Gehweg zwischen Hotels und Strand, Binz; trübes Wetter.

 

<19> Binz existierte einige hundert Jahre vor Prora und wurde erstmals 1318 als Fischerdorf urkundlich erwähnt. Heute ist es das größte Seebad auf der Insel Rügen. Das Kurhaus Binz wurde 1908 geöffnet und von der Kaiserin als ersten offiziellen Gast geehrt. [18]

 

Theme Park 24. Gehweg zum Hotel und Strand, Binz; trübes Wetter.

 

<20> Die meisten Gebäude der Binzer Bäderarchitektur waren zur Jahrhundertwende [19] errichtet worden; nach der Wiedervereinigung wurden umfassende Restaurations- Arbeiten an diesen alten Gebäuden unternommen, wie auch die Errichtung von neuen Gebäuden. Diese neuere Architektur in Binz spiegelt den Stil der Belle Époque. Anders als das schlichte Konzept von Prora, erscheint die Binzer Bauweise eher heterogen, weil die Gebäude von diversen Institutionen mit verschiedenen Architekten, zu unterschiedlichen Zeiten errichtet wurden, wobei aber die jüngere Architektur nicht so interessant ist - die vielen Hinweisen auf die Architektur der jüngeren Vergangenheit bezeugen eine gewisse Sentimentalität im urbanen Design. Die Bauwerke Proras hingegen die vor allem funktionellen Zwecken dienen sollten, ähneln einander stark, bleiben aber trotz ihres monotonen Aussehens hervorragende Beispiele der klassischen und ästhetischen Konzept-Architektur. [20] Hitler schloss das Bauhaus in 1932; Klotz doptierte den Ansatz der berühmten Architektur-Schule, ohne jedoch ihren sozialistische Idealen zu folgen. [21] Es ist deutlich, dass der neue Binzer Belle-Époque-Stil, der sich auf die Bequemlichkeit und Geregeltheit vor dem Ersten Weltkrieg bezieht, dabei die 30er und 40er Jahre der Nazi-Ära vollkommen verdrängt, deren Spuren man so offensichtlich in Prora beobachten kann entlang der Bucht.

 

Theme Park 25. Gehweg mit Seeaussicht und Bäumen, Binz, trübes Wetter.

 

<21> Auf einigen der im Ostseebad Binz aufgenommenen Photos sieht man im Hintergrund Kräne - neue Immobilien werden gebaut, die Stadt entwickelt sich weiter. Prora hingegen erscheint in der Zeit eingefroren, augenblicklich jedenfalls, und erinnert als Mahnmal deutscher Geschichte an das Dritte Reich und die DDR. Auf vielen der Binzer Photos sieht man deutsche Fahnen.

 

Theme Park 26. Touristen und Jogger auf dem Gehweg zwischen Hotels und Strand, Binz; trübes Wetter.

 

<22> Viele ältere oder behinderte Menschen reisen zur Rekonvaleszenz nach Binz. Auf manchen Photos amüsieren sich auch Touristen beim Konzert einer Blaskapelle auf dem Binzer Vorplatz. Am Strand treiben junge Leute Sport. Letzten Mai habe ich in Binz hauptsächlich Familien auf Erholungsurlaub gesehen: zwei Mütter einiger Jugendlicher die ich beim Volleyball photographierte, überholten mich auf dem Strand, um ihren spielenden Kinder näher zuzuschauen. Zwei Paare die ich photographierte, eines mit Kind, waren jedenfalls keine Touristen - sie waren hier zuhause und kamen aus den Nachbarorten Bergen und Putbus.

 

Theme Park 27. Ein alter Mann schaut auf eine Übersichtskarte des Ostseebades Binz; trübes Wetter.

 

http://images.google.com/imgres?imgurl=http://rexcurry.net/1qe1.jpg&imgrefurl=http://r excurry.net/1qe1.html&h=423&w=365&sz=86&hl=en&start=121&tbnid=yamlx3rTUHRFyM:&tbnh=126 &tbnw=109&prev=/images%3Fq%3DLeni%2BRiefenstahl%26start%3D120%26ndsp%3D20%26svnum%3D10 %26hl%3Den%26lr%3D%26sa%3DN

 

Romantik und Körperkultur

<23> In der Gegend um Prora gibt es einen extra für Hunde ausgeschilderten Strand. Man erzählte mir, dass außerdem ein Strand für Nudisten existiert, obwohl ich kein Abzeichen dafür finden konnte: Freikörperkultur, genannt FKK, ist ein Überbleibsel der DDR-Zeiten. [22] Das Nazi-Regime andererseits war prüde was den Umgang mit Nacktheit in der Öffentlichkeit betraf. Ein spezifisch nationalsozialistischer Jugend und Körperkult in der Kunst, besonders auffallend in den Photo- und Filmarbeiten Leni Riefenstahls zu den Olympischen Spielen 1936, war eher ein Hinweis auf die Kunst der griechischen und römischen Antike.

 

Theme Park 28. Statue und Bäume mit Aussicht auf den Strand und die Bucht, Binz, trübes Wetter.

 

Theme Park 29. Gehweg zum See und Kiefer, Binz; trübes Wetter.

 

<24> Zeichen der Gegenwart schleichen sich in Form von Disco-Werbung auf einem Lieferwagen in das Prora-Terrain (und meine Photos), ein. Ich photographierte einige weitere Schilder auf Prora, darunter eines, das direkt neben einem Gebäude vor „Lebensgefahr" warnte. Auch ohne das Schild erkennt man den bedenklichen Zustand der Bauwerke - überall zerbrochene Fenster. Ein anderes Plakat in Prora informiert über eine 80er-Jahre-Studentenparty (die Ankündigung einer Party zum Thema einer 30er- oder 40er-Jahre- Party würde vermutlich als Zeichen von ziemlich schlechtem Geschmack aufgenommen werden).

 

Theme Park 30. Ducato-Lieferwagen dekoriert mit Werbung für M3-Disko, Prora.

 

<25> Ein paar Photos zeigen Seeansichten hinter Kiefern, von Binz aus gesehen, und erinnern an die Periode der Romantiker, als Kaspar David Friedrich Landschaften auf Rügen gemalt hat. [23]

 

Kreideküsten (auf Rügen), Öl auf Leinwand
90,5 x 71 cm, Caspar David Friedrich 1830.

http://images.google.com/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/
wikipedia/en/thumb/ 5/5c/Chalk_cliffs.jpg/220px-Chalk_cliffs.jpg&imgrefurl=http://en.wikipedia.org/wiki/
Caspar_David_Friedrich&h=287&w=220&sz=18&hl=en&start=3&tbnid=
mkWTuL6E7AxYdM:&tbnh=115&tbnw=88&prev=/images
%3Fq%3DChalk%2BCliffs%2B(on%2BR%25C3%25BCgen)
%2B%26svnum%3D10%26hl%3Den%26lr%3D%26sa%3DG

 

Theme Park 31. M3-Diskothek in Prora.

 

<26> Auf den letzten zwei Bildern erkennt man eine Gruppe Jugendlicher, die einem Erwachsenen zuhören - offensichtlich ein Schulausflug mit erzieherischem Ziel. Die Kinder werden zweifelsohne über die Geschichte Proras informiert. Aber auf Prora findet man auf den Gehwegen außerhalb der Museumsmeile selten eine Menschenseele. Man begegnet nur Reihe um Reihe unbewohnter alter Gebäude und Tannenbäumen. Könnte man die Prora Baracken renovieren, rehabilitierten und irgendwie transformieren in eine Quelle des touristischen Interesses, so würde diese Situation sich sicher ändern.

 

Theme Park 32. M3-Lieferwagen und Frau auf dem Gehweg, in roter Jacke, Prora.

 

Twinning - Partnerstädte

<27> Obwohl in verschiedenen Perioden erbaut, erscheinen Binz und Prora durch die unmittelbare Nähe zueinander wie Zwillings-Städte. Ein Photo der Serie, das diese Verdopplungs-These äußerst anschaulich belegt, zeigt zwei ältere Damen: eineiige Zwillinge in blau auf der Seebrücke in Binz; die beiden Achtzigjährigen sind, abgesehen von den Schuhen sehr ähnlich angezogen: eine trägt eine Brille und die andere benutzt eine Gehhilfe auf Rädern. Verdopplung und Gegensätze sind Themen, die auch in anderen meiner Arbeiten auftauchen: der biblische Jakob, der seinen Zwillingsbruder Esau um sein Erbe betrogen hatte, wurde daraufhin der Begründer einer Doktrin der gewalttätigen Habgier, auf welcher die judäo-christliche Kultur beruht; Jakob rang auch mit seinem Engel um einen Segen zu erhalten. [24] Eine andere (Zwillings-)Idee die mich künstlerisch inspirierte [25] war die Entdeckung, dass Hitler, der Diktator und Wittgenstein, der Philosoph beide als 14-Jährige die gleiche Schule im österreichischen Linz besuchten; auch wurden sie im Abstand von sechs Tagen geboren, der eine am 20.4.1889 und der andere am 26.4.1889, was sie zu virtuellen Zwillingen macht, die auf extrem gegensätzliche Weisen ihre Philosophien proklamierten und auf die Weltgeschichte einwirkten.

 

Theme Park 33.Touristin mit Kamera und gelber Jacke, Prora: ehemaliges „Haus der Armee".

 

<28> Die Binz-Zwillinge in türkisblauen Blusen sind alt genug, um die gesamte Geschichte Proras mitbekommen zu haben, hätten sie immer Urlaub in Binz gemacht. Auf Urlaub in solchen Ferienorten, kann man lebenslange Bekanntschaften schließen. Erst letzten Dezember habe ich die Bekanntschaft von Nicole gemacht, als sie eines meiner Video-Screenings besuchte. Nicole’s Vater ist iranischer bzw. persischer Jude, aber die Familie mütterlicherseits lebte, wie auch meine jüdische Familie, seit Generationen in Köln (im Rheinland). Nicole erzählte mir, dass sich ihre Urgroßmutter Jeanette Wolff und meine Urgroßmutter Flora Unger anfreundeten, als beide Insassen des Konzentrations-Lagers Theresienstadt waren obwohl sie einander schon aus Köln kannten und Nachbarinnen in der Liebig-Strasse gewesen waren. Meine Urgroßeltern überlebten, obwohl sie damals schon in ihren Siebzigern waren; anders als ihre Tochter Rosi Oppenheimer, konnte Nicoles Urgrossmutter Theresienstadt jedoch nicht entkommen.

 

***

 

Theme Park 34. Seitenblick des abgerundeten Bautrakts der Festplatz-Randbebauung, Prora.

 

<29> Deutschland wurde zum Vorläufer der Partnerstädte-Bewegung die in Europa kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde in 1947, als sich die Städte Hannover und Bristol miteinander verbanden. Das Konzept der Partnerstädte war es, Städte oder Großstädte von einer gewissen geographischen und politischen Bedeutung zusammenzubringen um die zwischenmenschlichen Kontakte zu intensivieren und auch die ökonomische und kulturelle Zusammenarbeit anzuregen. [26] Bis 1951 hatte man innerhalb Deutschlands bereits 100 Städtepartnerschaften geschlossen. Man wollte so dem Einigungsprozess in Europa assistieren - zu Kriegszeiten verfeindete Städte wurden auf diese Art und Weise ermutigt, sich miteinander auszusöhnen. Die ehemalige DDR hat sich daran erst in 1986 beteiligt; sie wollte erst ihre eigene unsichere Identität festigen. Der erste innerdeutsche Zusammenschluss fand zwischen Saarlouis (BRD) und Eisenhüttenstadt (DDR) statt. Die Städtepartnerschaften (auf Englisch „twinning" genannt) zwischen West und Ostdeutschland (64 wurden innerhalb von drei Jahren geschlossen) halfen auch während der Wiedervereinigung nach 1989. [27]

 

Theme Park 35. Prora ruin, a wire fence with 80's student party sign.

 

Disneyland

<30> Paul McCarthy, dessen Installation "Caribbean Pirates”, die ich Januar 2006 in London gesehen habe, Themen der Invasion und Besetzung durch fremde Lände, [28] erforscht, präsentierte in derselben Ausstellung in der Londoner Whitechapel Gallery (23. Oktober 2005 - 8. Januar 2006) auch "Documents-Flicker Video 2005, Video loop” das in einer ununterbrochenen, schnellen Schnittfolge unter anderem Filmbilder von Mickey Maus und Hitler, Disneyland und Nazi Versammlungen nebeneinander stellte, und auch Neuschwanstein und andere von König Ludwig von Bayern konzipierte Fantasieschlösser mit weiteren Disney-Landschaften konfrontierte.

 

Theme Park 36. Prora: Gebäude, Müllcontainer und Warnschild.

 

<31> Mit diesen beiden Arbeiten scheint McCarthy eine kritische Position gegenüber Deutschlands Vergangenheit ebenso wie gegenüber der kolonialistischen Praxis der USA einzunehmen. [29] Aber die Botschaft seiner Arbeit könnte durchaus missverstanden werden, denn McCarthy hat seine "Caribbean Pirates” an Friedrich Christian Flick verkauft, den Enkel und Erben des größten Waffenindustrie-Magnaten der Nazizeit; McCarthy und Flick wurden auch zu engen Freunden. [30]

 

Theme Park 37. Dokumentationszentrum Prora.

 

<32> In diesem Zusammenhang könnte man fragen, was die Rolle der Kunst, des Künstlers, oder des Kunstsammlers sein könnte oder um es ethisch zu formulieren - sein sollte. Flick erwarb die sogenannte Flick-Collection mit Blutgeld, gewonnen im Zweiten Weltkrieg durch die Anstrengungen von 150.000 Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Insassen - die unter fürchterlichen Bedingungen für die Flickindustrie „beschäftigt" waren. Flick, sein Vater und Großvater lehnten es ab Schadensersatz an ihre Opfer zu zahlen. Friedrich Christian Flick kauft Kunst seit 1996 - dem Gründungsjahr der Stiftung für ehemalige Zwangsarbeiter in Deutschland. Während die groß herausgebrachte Flick-Collection in ihrem Wert ständig zunimmt, hat Flick wegen des andauernden Drucks der Stiftung im Mai 2005 letztendlich 5 Millionen Euro spendiert. Diese Geste war jedoch ein Tropfen im Ozean dessen was er hätte machen können - oder sollen.

 

Theme Park 38. Prora: Gebäude mit zerbrochenen Fensterscheiben.

 

"Mad Cowboy”, München 28.6.2005 Links: Ansicht auf die Parade, 12. Juni 2005. Rechts: Paul McCarthy. (Alle Photos: A. Burger) http://www.artforum.com/diary/archive=200506

 

<33> Am 21. September 2004 erschienen der damalige deutsche Kanzler Gerhard Schröder und die seinerzeitige Kulturministerin Frau Christina Weiss aus Repräsentationsgründen zur Eröffnung der Berliner Flick-Collection, in der Anwesenheit Christian Friedrich Flicks. Und dann am 10. Mai 2005, 60 Jahre nach Kriegsende, während seiner Anwesenheit bei der groß angekündigten Eröffnung des neuen Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin gab der Schröder-Regierung unpassenderweise seine Zustimmung, dass Prora, eines von Deutschlands bedeutendsten Mahnmalen der faschistischen Vergangenheit, restlos verkauft wird.

 

Theme Park 39. Prora: Gebäude und Gehweg 1.

 

<34> Auch wenn Prora ein Schandfleck auf der Landschaft ist, sollte man dennoch sein Vermächtnis nicht vergessen, das immer noch deutlich zu sehen ist: Prora wurde nicht nur zum Zwecke des Massentourismus und der Erholung errichtet, sondern auch im Dienst der Ausbeutung und Vernichtung von Menschenmassen.

 

Theme Park 40. Prora: Gebäude und Gehweg 2.

 

Under Reconstruction (Im Aufbau)

<35> Sollte Prora offiziell mit einen anderen Gebiet gepaart werden, würde ich Long Kesh, das ehemalige Nordirische Gefängnis, als passenden Ort vorschlagen. Geschichtsverdrängung und die Weiterverwertung historisch-wichtiger Gebiete ereignet sich nicht nur in Deutschland: eine Rekonstruktion, wenn nicht von der Geschichte selbst, dann an der Stelle, wo Geschichte gemacht wurde, wird sehr bald in Long Kesh stattfinden. Dieses Lager, das in folge den berüchtigten Hungerstreiks, bei dem 1981 zehn irische und politische Gefangenen ums Leben kamen, in „The Maze" umbenannt wurde, soll schon bald in einen Freizeitkomplex umgewandelt werden:

 

Theme Park 41. Prora: Gebäude und Kieferbäume 1.

 

Theme Park 42. Prora: Gebäude und Kieferbäume 2.

 

Theme Park 43. Prora: Gebäude und Kieferbäume 3.

 

<36> „Dort einen Freizeitkomplex zu errichten, ist, als würde man Belsen in ein Butlins (englische Kette von Vergnügungs-Parks) umwandeln." Derek Brown, Guardian Weekly (International) (GB) June 9-15 2006 [31]

 

Theme Park 44. Prora: Gebäude und überwachsener Gehweg.

 

<37> In dem Rest seines Artikel setzt Derek Brown den Wert der Hungerstreiks und weiterer gewalttätiger irischer Proteste gegen die englische Herrschaft herab. Dagegen blieb der englische Künstler Richard Hamilton vom Irisch-Katholischen Kampf um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung nicht unberührt. Er bezog in seinem Diptychon eine kritische Position gegenüber der englischen Irland-Politik: Hamilton porträtierte Bobby Sands in seiner Zelle in der Pose eines christlichen Martyrers. [32]

 

Theme Park 45. Prora: Ruine und Sandweg.

 

Tanya Ury, Köln, Juni 2006, Übersetzung aus dem Englischen Tanya
Ury & Amin Farzanefar, Lektorat Amin Farzanefar. Besonderen Dank
an Dr. Jürgen Rostock für seine hilfreichen Anmerkungen.

 

Theme Park 46. Breiter Sandweg,
verbogene rostige Eisenträger und Prora-Gebäude aus der Ferne, 1.

 

Post Scriptum

<38> Am 10. August 2006 flog ich vom Flughafen Köln/Bonn nach London/Stansted, um einige meiner Kunstarbeiten zu zeigen und den vorliegenden Vortrag in London zu halten. Als das Flugzeug bereits im Anflug auf London war, unterrichtete uns der Pilot über mögliche Verspätungen im Flughafen wegen der Bombendrohungen in London. Ich fragte den Mann neben mir, worauf sich die Aussage des Pilot bezog, weil ich an diesen Tag noch keine Nachrichten gesehen, gelesen oder gehört hatte, und er erzählte mir, dass es Bombendrohungen gegen 10 Flüge gegeben hatte, die an diesem Tag von den Flughäfen Heathrow und Gatwick in die USA fliegen sollten. Auch Stansted wurde unter strengere Sicherheitskontrollen gesetzt - viele Flüge aus Deutschland nach London wurden sogar storniert. Ein Krieg tobte seit einem Monat zwischen der Hisbollah in Libanon und Israel - der anhaltende Terroristen-Krieg gegen Flugzeuge, Züge und Gebäude hatte sich letztendlich nicht zu einem Weltkrieg, aber sicher zu einem globalen Krieg ausgeweitet, als Reaktion auf den Konflikt zwischen östlichen und westlichen Extremisten.

 

Theme Park 47. Breiter Sandweg,
verbogene rostige Eisenträger und Prora-Gebäude aus der Ferne, 2.

 

<39> Ich fuhr fort mich mit meinem Nachbar im Flieger zu unterhalten, einem irischen Wissenschaftler um die vierzig, aus Dublin stammend und in Cambridge ansässig. Ich berichtete über Long Kesh „The Maze" und was daraus werden wird und fragte ihn was er von meiner Information hält. Erstens wusste er nichts über die Pläne, das Gefängnis abzureisen - es wunderte ihn dass man von keinerlei Demos gegen diesen Entschluss hörte und gegen die Errichtung eines Freizeitkomplexes an derselben Stelle. Er war gegen die Beseitigung dieses signifikanten Monumentes, sein Hauptargument lautete allerdings, dass man angesichts eines aktuellen Mangels von Haftanstalten in Großbritannien kaum eine brauchbare Strafanstalt demolieren dürfe. Sein Kommentar und meine folgenden Recherchen über den Mangel an Gefängnissen in Großbritannien und Nordirland [33] bestätigten meinen Verdacht, dass die Absicht "The Maze” zu beseitigen, vor allem dahin zielte, seine Geschichte zu beerdigen, und damit ein Andenken an jenes Krieges den Brittannien bis vor kurzem direkt vor der Haustür in Irland geführt hat.

 

Theme Park 48. Breiter Sandweg,
verbogene rostige Eisenträger und Prora-Gebäude aus der Ferne, 3.

 

PPS

<40> Obwohl ich die Photos für die Serie Theme Park im Mai 2005 aufgenommen hatte, hat sich in Bezug auf die Transaktions-Situation in Prora in den anderthalb Jahren der Recherchen für diesen Artikel, nichts wesentliches geändert. Doch Mitte Oktober 2006 wurde öffentlich bekannt gegeben, dass Ulrich Busch - Immobilienmakler und Käufer der Prora Blöcke I und II, beabsichtigt, die Gebäude als Ferienhäuser umzubauen. Busch, Sohn des berühmten ostdeutschen Schauspielers Ernst Busch, sagt, dass er kein Geheimnis um Proras Vergangenheit machen will - der alte Busch (1900-1980), ein Kabarett-Künstler war wegen seiner Anti-Nazi-Kampagnen in den Zwanziger Jahren von der SS zwei Jahre lang eingesperrt worden.

 

Theme Park 49. Nahaufnahme eines Kiefern-Astes mit einem verlorenen Spielzeug.

 

<41> ‘Die Pläne der neuen Eigentümer sehen in den beiden Blöcken südlich der jetzigen Museumsmeile vor allem Wohnungen vor. Für ein ähnliches Projekt hatte eine Investorengruppe um den Hamburger Rechtsanwalt Paulick schon Pläne auf den Tisch gelegt, sich später aber zurückgezogen. „Es gibt nie eine Garantie, dass sich bestimmte Pläne verwirklichen lassen. Bei den jetzigen Käufern sehen wir und die Gemeinde aber sehr gute Chancen, dass sie ihr Projekt auch umsetzen werden", so Karg. „Sowohl wir als auch der Bürgermeister der Gemeinde Binz haben den Eindruck, dass sie das auch können." Wie genau die Blöcke I und II künftig aussehen werden, kann Ulrich Busch derzeit noch nicht sagen.’ [34]

 

Theme Park 50. Jugendgruppe, die eine Geschichtslektion erhält, 1.

 

Theme Park 51. Jugendgruppe, die eine Geschichtslektion erhält, 2.

 

Notes

[1] Aus Jonathan Meades "Jerry Building - Unholy Relics of Nazi Germany ” „Die deutschen Baupfuscher - Unheilige Reliquien aus Nazi-Deutschland" BBC North (GB) 1994. [^]

[2] „Die KdF-Bewegung war die Geburt des Massentourismus. Der KdF-Massentourismus hat gemeinsames mit der modernen Tourismus-Industrie. Da eine war allerdings ein gesellschaftspolitisches Projekt, das andere ist eher ein wirtschaftliches Phänomen. (...) Es sind nicht die großen Gebäude, die das kritikwürdige der KdF-Seebad-Projekte ausmachen. Große Hotelbauten gibt es inzwischen genug. So ist beispielsweise die spanische Mittelmeerküste höher, amorpher und massiver bebaut, bis hin zum Nichtfunktionieren. Die Megalomanie des KdF-Bades Rügen, die Monumentalität und überwältigende Größe, waren kennzeichnend für zahlreiche Bauvorhaben im „Dritten Reich" - doch nie zuvor gab es auf Rügen derartig hohe und große Häuser. Auch dagegen kam Kritik auf, worauf indirekt der „Völkische Beobachter" einging: ‚Die Wipfel des Mischwaldes überragen die sechsgeschossigen Unterkunftshäuser.’" Seite 39 & 41 „Paradies Ruinen - Das KdF-Seebad der Zwanzigtausend auf Rügen", Jürgen Rostock und Franz Zadnicek, Christoph Links Verlag, Berlin, 1992, 6. Auflage August 2001, ISBN 3-86153-149-6. [^]

[3] „Macht Urlaub - Das KdF-Seebad Prora" Begleitfilm auf DVD, zur Dauerausstellung im Dokumentationszentrum Prora, Buch Katharina Rostock 2005. [^]

[4] „Das Regime steckte in einem Dilemma, die Loyalität der Industrie und die der Arbeiter waren für die Aufrüstung erforderlich. Um das Stillhalten der Arbeiter trotz der Zerschlagung ihre Organisationen und trotz eines durch die ‚Betriebsführer’ verordneten sehr niedrigen Lohnniveaus zu erreichen, wurde ihnen Ersatz angeboten - billige Ausführungen bislang unerreichbarer Konsumgüter: Autos, Reisen und Radios zu niedrigen Preisen." Seite 24, Ebenda 2. [^]

[5] „Zugleich war die DAF eine Art Zwangsorganisation, für die auch Beiträge erhoben wurden. Wenn man im Dritten Reich arbeiten wollte, konnte man kaum existieren, ohne DAF-Mitglied zu sein. In die KdF-Schiffe oder auch Prora ist natürlich nur ein kleiner Teil der Geldmittel dieser Organisation geflossen. Das aber wurde propagandistisch bis zum Äußersten ausgereizt. Diese Illusion, dass der Arbeiter nun einen privilegierten Status bekommt, das ist eine der Legenden, die in rechten Kreisen noch immer hoch gehalten werden. Viele Leute, die in Prora mit uns diskutieren wollen, sind der Ansicht, dass hier doch einmal die guten Seiten des Nationalsozialismus zu besichtigen seien. Man muss klar machen, was längst der Stand der historischen Forschung ist: Der Nationalsozialismus hat keine guten Seiten, und auch die KdF-Organisation stand letztlich im Dienst von Zerstörung, Krieg und Terror. Insofern ist Prora, politisch betrachtet, noch bedeutender als etwa das Nürnberger Reichsparteitagsgelände, denn es repräsentiert beispielhaft die soziale Demagogie des Dritten Reiches." Dr Jürgen Rostock, Artikel 2005 NZ Netzeitung GmbH Ronald Düker: http://www.netzeitung.de/voiceofgermany/321413.html. [^]

[6] "Mit Ausnahme eines Blocks waren die acht Wohnblöcke, die südliche Festplatzrandbebauung und die Kaianlage bereits im Rohbau fertig gestellt, nicht jedoch die Schwimmbäder, die Festhalle und weite Teile der Wirtschaftsgebäude. Sie wurden niemals verwirklicht. An den Rohbauten wurden noch die nötigsten Sicherungsarbeiten durchgeführt, dann wurden die Bautätigkeiten endgültig eingestellt. Das bereits angelieferte Baumaterial verblieb aber vor Ort, was auf eine geplante Wiederaufnahme der Arbeiten nach Kriegsende schließen lässt." http://de.wikipedia.org/wiki/Seebad_Prora [^]

[7] Democratic Republic of Germany. [^]

[8] Die Nationale Volksarmee (NVA) war von 1956 bis 1990 die Armee der DDR. [^]

[9] "Als ab Mai 1945 die Sowjetunion die Kontrolle auf Rügen übernahm, wurde die Anlage zur Internierung von Grundbesitzern und weiterhin zur Unterbringung von Heimatvertriebenen aus den Ostgebieten genutzt. Teile der Anlagen wurden für den Abtransport als Kriegsreparationen demontiert. Zwischen 1948 und 1953 wurden die Bauten von der Sowjetarmee genutzt, die den südlichsten Rohbau sprengte und abtrug. An den beiden nördlichsten Häuserblocks wurden ebenfalls Sprengübungen durchgeführt. Die Bauten wurden dabei aber nur schwer beschädigt und blieben teilweise stehen." Ebenda 6. [^]

[10] Die ursprüngliche Anlage bestand aus 8 Blöcken mit einer Länge von jeweils 500m. Die heutige Zählung beginnt bei Block 0, weil dieser nicht mehr vorhanden ist. [^]

[11] "’Auf dem Grundstück kann laut Flächennutzungsplan nichts gebaut werden’, sagt der Binzer Bürgermeister Horst Schaumann. Die Wälder dort stehen unter Naturschutz. Und der neue Besitzer müsse außerdem für Sicherheit in den denkmalgeschützten Ruinen sorgen. Einnahmen sind zurzeit nur durch das Verpachten von zwei Parkplätzen zu erzielen. Ein Ändern des Flächennutzungsplans sei derzeit nicht vorgesehen, sagt Schaumann. Bislang habe sich der Käufer auch noch nicht mit der Kommune in Verbindung gesetzt, Anfragen zu seinen Plänen wurden nicht beantwortet." Zeitungsartikel: Raimund Nitzsche, Seite 8, taz Nr. 7539 vom 14.12.2004. [^]

[12] Information des Dokumentationszentrum Prora: Beschreibung der Planungen und Verkäufe der Liegenschaft Prora Stand: Mai 2005. [^]

[13] „Netzeitung: Wenn Herr Meyer das Gelände kauft, müssen Sie ausziehen. Rostock: Ja, vielleicht nicht im selben Monat, aber das ist unvermeidlich. Dieser Vorgang ist übrigens auch wirtschaftlich gesehen ungeheuerlich. Denn alleine in unserem Dokumentationszentrum stecken, von der ehrenamtlichen Arbeit abgesehen, etwa anderthalb Millionen Euro. Herr Meyer soll aber für das komplette Gelände kurioserweise nur 340.000 Euro zahlen. Bei 64.000 Quadratmetern Nutzfläche kann man sich den Preis pro Quadratmeter ausrechnen. Der liegt ungefähr bei dem für einen Teppichboden oder noch darunter. Das nenne ich Verschleuderung von Volksvermögen. Ein solcher Kaufpreis ist auch für das Bundesfinanzministerium ein Betrag für die Portokasse. Man hat das Gefühl, dass es vor allem darum geht, sich diese unbequeme Immobilie vom Hals zu schaffen. Um das zu rechtfertigen werden vom Bundesvermögensamt völlig überzogene Angaben über den finanziellen Aufwand für notwendige Sanierungsarbeiten gemacht." Ebenda 5. [^]

[14] Zeitungsartikel: Raimund Nitzsche, Seite 8, taz Nr. 7539 vom 14.12.2004. [^]

[15] Dieses Statement beschwört auf eine dunkle Weise eine anderes Art Nazi-Etablissement herauf: die Todeslager, durch die berüchtigte Behauptung von Holocaust-Leugner David Irving, dass Auschwitz ein Märchen gewesen wäre (aus einem österreichischen Interview von 1989). Kürzlich hat Irving diese Erklärung zurückgenommen, um seine Situation während des Gerichtsverfahren zu verbessern wurde aber dennoch im Februar in Wien zu 3 Jahren Haft verurteilt "Er bedaure, dass er „die sehr starke Formulierung vom Gaskammer-Märchen verwendet” habe, die seinen damaligen, jetzt überholten Wissensstand wiedergebe. Von der Formulierung, wonach ‘Auschwitz ein Disneyland für Touristen’ sei, rückt er indes nicht ab: ‘Das entspricht leider den Tatsachen,”: man habe nach dem Krieg ‚etwas nachgebaut’. Er leugne den Holocaust nicht, ‘ich zweifle nur Einzelheiten an.’. Die Nazis hätten Millionen von Juden ermordet, daran sei nicht zu zweifeln.” Reinhard Olt, Wien, 3.5.2006, Frankfurter Allgemeine, FAZ.NET http://www.faz.net/s/Rub77CAECAE94D7431F9EACD163751D4CFD/Doc~E718FF10
906CD4B3FBB79F333DBCCAF1E~ATpl~Ecommon~Scontent.html
(English translation Ury) [^]

[16] Rechtsextremistische Parteien in der Rügener Gegend. erhielten 3,5% der Wahlstimmen am 2.11.2005. http://www.verfassungsschutz-mv.de/cgi-bin/verfassmv/neuig/details.pl?kenner=start&pos=5 [^]

[17] „Es war eigentlich nur ein einziger Bundestagsabgeordneter, der sich über die Jahre immer wieder in diese Richtung engagiert hat: Lothar Mark von der SPD, der früher Bürgermeister in Mannheim und Sprecher für Kultur im Haushaltsausschuss war. Herr Mark, der momentan hauptsächlich außenpolitisch tätig ist, hat uns damals empfangen, ist nach Prora gefahren und hat dem Gelände eine ungeheuere volkswirtschaftliche und kulturelle Chance bescheinigt, zu der allerdings eine umfangreiche Gesamtplanung gehöre. In dieser Sache ist er dann beim Bundeskanzler, beim Finanzminister und über die Jahre immer wieder bei den wechselnden Kulturstaatsministern von Herrn Naumann bis zu Frau Weiß vorstellig geworden. Das Engagement von Herrn Mark ist aber bei den entscheidenden Stellen nie richtig angekommen. Ein einziges Mal hat uns der Staatsminister für Kultur Naumann mit einer größeren Summe für ein Projekt unterstützt, das war aber leider keine nachhaltige Förderung. Erst zu Ende des vorigen Jahres habe ich aus dem BKM eine Nachricht erhalten, dass man sich nach Ablauf der schwierigen Verkaufsverhandlungen von Block 3 mit uns zusammensetzen wolle, um über Unterstützungsmöglichkeiten für unser Dokumentationszentrum zu sprechen." Ebenda 5. [^]

[18] „Historie der Seebrücke im Ostseebad Binz: Binz wurde als kleines Fischerdorf Byntze 1318 erstmals urkundlich erwähnt. Um 1830 hat Fürst zu Putbus die ersten Badehütten aufgestellt. Im Jahre 1870 waren es immerhin 80 Personen, die im Dorfkrug und in schilfgedeckten Hütten der Fischer Unterkunft fanden. 1876 wurde das erste Hotel gebaut, und mit der Gründung der Aktiengesellschaft Ostseebad Binz setzte eine fieberhafte Bautätigkeit ein, die bald Hotels und Pensionen in ganzen Straßenzügen entstehen ließ. Die erste Brücke, eine 560 m lange Holzbrücke, weihte man im Sommer 1902 ein. Diese wurde bereits 1904 durch eine gewaltige Sturmflut zerstört. 1905 wieder aufgebaut, erhielt sie 1910 den Namen Prinz-Heinrich-Brücke. Am 28. Juli 1912 ereignete sich eine folgenschwere Katastrophe. Beim Anlegen eines Dampfers zerbrach ein hölzerner Querbalken und riss ca. 50 Menschen mit ins Wasser. Es gab dabei 17 Tote. Dieses Ereignis war der Anlass, dass 1913 in Leipzig die Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft (DLRG) gegründet wurde. Über 50 Jahre gab es keine Seebrücke, da im strengen Winter 1942/43 die zerstörte nicht wieder aufgebaut wurde. Erst seit Mai 1994 besitzt Binz wieder eine 370 m lange Seebrücke. Jedes Jahr seit 1994 findet Mitte Juni für zwei Tage das Binzer Seebrückenfest statt. Höhepunkt des zweitägigen Festes ist am Samstagabend das feierliche Feuerwerk über der Binzer Seebrücke." http://www.ostseebadbinz.de/allgemein/abisz.php?keywords=seebrücke&
spalte=abisz_2
[^]

[19] Anfang der 20.Jh. [^]

[20] ”Tatsache ist, dass Prora aus dem Internationalen Modernismus stammt und den Niedergang der Bewegung in die seelenlose Wiederholung ankündigt." Jonathan Meade, Ebenda 2. [^]

[21] „Die Formensprache dieses Komplexes war einem schlicht-modernen Vokabular verpflichtet, bei dem die Architektur durch ihre Funktion bestimmt und in der Außengliederung sichtbar wurde. Die gleichmäßige, nur durch die Fensterreihung und die offenen Liegehallen bestimmte Fassadengliederung der Wohnhäuser, die komprimierte Zusammenfassung der versorgungstechnischen Einrichtungen in den rückwärtigen Flügeln und die Auflockerung der gleichförmigen Reihung durch die geschwungene Linienführung der Gemeinschaftsbauten war nach den Prinzipien der Neuen Sachlichkeit entwickelt worden. In diesem Sinne ließen sich Architekturformen und -Motive feststellen, die an Idealstadt-Entwürfe von Ludwig Hilberseimer, Hans Scharoun, Erich Mendelsohn, oder Le Corbusier erinnerten; Elemente, die bereits in den späten zwanziger Jahren von Klotz erprobt worden waren und nun in einer weiterentwickelten Weise eingesetzt wurden." S. 227 Der Kölner Architekt Clemens Klotz, Petra Leser, Köln 1991, zitiert in Paradies Ruinen - Das KdF-Seebad der Zwanzigtausend auf Rügen. [^]

[22] „Nachdem im Jahre 1920 in Deutschland der erste offizielle Nacktbade-Strand auf Sylt entstand, wurde das öffentliche Nacktbaden (außerhalb geschlossener Vereinsgelände) ab 1931 wieder generell verboten und die FKK-Vereine nach der Machtergreifung durch Hitler 1933 entweder aufgelöst oder als Sportverbände in nationalsozialistische Organisationen integriert, Beispiel: der Bund für Leibeszucht. Das Verbot des Nacktbadens wurde per Reichsverordnung vom 10. Juli 1942 gelockert, indem das Nacktbaden abseits von Unbeteiligten gestattet wurde. (...) Es sei hier auch auf unterschiedliche Ausprägungen des Nacktbadens zwischen Ost- und Westdeutschland hingewiesen. Vor der deutschen Wiedervereinigung war das Nacktbaden an offenen Badeseen und Gewässern (Ostsee) in Ostdeutschland altersunabhängig weit verbreitet. An Gewässern, an denen offiziell Badeverbot herrschte (Kiesgruben u.a.), wurde i.a. überall nackt gebadet. An offiziellen Badeseen gab es häufig speziell ausgewiesene "FKK-Bereiche", die u.a. auch in den Stadtplänen und Wanderkarten verzeichnet waren. Gerade unter der Jugend führte diese Natürlichkeit zu einem offenen Verhältnis der Geschlechter jenseits von Sexismus. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde die allgemeine Freizügigkeit an öffentlichen Badestellen in Ostdeutschland stark zurückgedrängt. Besonders an den Ostseestränden kam es in den 1990er Jahren zu Konfrontationen zwischen ostdeutschen FKK-Anhängern und westdeutschen Urlaubsgästen, in deren Folge die lokale Tourismuswirtschaft sowie die kommunalen Entscheidungsträger nachhaltige Imageprobleme befürchteten und FKK nunmehr genauso wie die ausgewiesenen Hundestrände in räumlich begrenzte Randlagen verbannten." http://de.wikipedia.org/wiki/Freikörperkultur. [^]

[23] Kreideküsten, (auf Rügen) Öl auf Leinwand, 90,5 x 71 cm, c. 1818 Caspar David Friedrich, (geb. 1774, Greifswald, gest. 1840, Dresden) Stiftung Oskar Reinhart, Winterthur. [^]

[24] Artikel ‚Transcending the Ladder’ in 'From Work to Word' (auf Englisch) veröffentlicht, hg. Doris Frohnapfel, Korridor Verlag, ISBN 3-9804354-8-2 (D) 2002. [^]

[25] Red Hot Pokers, die Video Dokumentation einer Performance, 2003 und Poker Poems, englische Verse „spiegelverkehrt" handgeschrieben 2003 http://www.tanyaury.com. [^]

[26] http://en.wikipedia.org/wiki/Town_twinning. [^]

[27] "Deutschland ist eine Nation, die sich derzeit mit vielen inneren Veränderungen und Problemen konfrontiert sieht. Vor allem verwandelt es sich in eine multikulturelle Gesellschaft in der Migranten - hauptsächlich aus der Türkei, den Balkanländern und dem Nahen Osten, mit einem hohen Prozentsatz von Muslimen - sich eine neue Heimat gebaut haben. Womöglich werden neue Städtepartnerschaften diese Änderungen reflektieren. Da die Türkei und die Balkanländer schon jetzt populäre Ferienziele sind und da die Migranten die Verbindungen zu den Ursprungsländern aufrecht erhalten, sollte dem nichts wirklich im Wege stehen. Angesichts des heutigen politischen Klimas und der Ereignisse des 11. September 2001, die diese Welt erneut entzwei zu teilen drohen, könnte es keine dringender und wichtiger Aufgabe geben als eine Art Dialog zu etablieren - oder wieder zu etablieren. Wie in 1947, könnte dies die Arbeit von einzelnen Personen sein." Germany and the town twinning movement "(Deutschland und die Partnerstadt-Bewegung), Marina Weyreter 2003 Information über Partnerstädte & Zitat: http://www.findarticles.com/p/articles/mi_m2242/is_1644_282/ai_97228022/print. (Übersetzung aus dem Englischen Tanya Ury & Amin Farzanefar) [^]

[28] „Amerikanischer Künstler Paul McCarthy an der Whitechapel London 23. Oktober 2005 - 8. Januar 2006. Die Show wird mit „Caribbean Pirates" weitergeführt, einer großen und bedeutenden ausgelagerten Installation von McCarthys neuem Werk, die in einer Lagerhalle, in der Nähe der Ausstellung präsentiert wird. Dieses Werk, das aus einer Unterhaltung zwischen dem Künstler und seinem Sohn entstand, nimmt die Disneyland-Themenparkfahrt „Piraten der Karibik" als Ausgangspunkt um Themen der Invasion und Besatzung fremder Länder zu erkunden. Eine lebensgroße Fregatte, ein Hausboot und eine gigantische kinetische Maschine tragen die blutigen Überbleibsel eines monatlangen Film-Shootings, das 30 Seeräuber und Mädel in zunehmenden brutalen Posen eingebunden hatte Die Whitechapel-Show ist die größte Präsentation von McCarthy’s Arbeit in Grossbritanien. Zugleich gewalttätig, obszön und grotesk, überfallen seine Visionen unsere kollektive Erinnerung, wobei sie populäre Mythen aufgreifen, die bei aktuellen globalen Erreignisse mitschwingen." http://www.whitechapel.org/content.php?page_id=1936. (Übersetzung aus dem Englischen T.U. & A.F.)[^]

[29] „Eine schnelle Rückblende: München 1931. Adolf Hitler befielt die Errichtung des Hauses der Deutschen Kunst, ein Museum-Slash-Propaganda-Werkzeug, in dem der „Führer” dann eine öffentliche Rede hielt seine reaktionäre künstlerische Agenda propagierte und die Entartete Kunst (der Nazi-Terminus für avantgardistische Kunsttechniken) dämonisierte. FastForward ins Jahr 2005: In einer unheimlichen Umkehrung der Geschichte wurde der heutige herausragendste verkommene Künstler - Paul McCarthy - durch dieselben faschistischen Gefüge willkommen geheißen. (...) Ich musste die ganze Sache ersatzweise durch Ausschnitte verschiedener Video-Highlights erleben: Kavallerie-Truppen, die sich wie Angehörige der SS vor dem Haus der Kunst zur Schau stellten - Bayerisches Bier hinunterkippten, pissten und sich gegenseitig einen runterholten - das alles als Teil einer mega-machistischen-Arier-Orgie - und dadurch Ausdruck von McCarthy’s Verschmelzung nationalsozialistischen Heldentums mit einem imaginären amerikanischen Westen." Alison Gingeras, Art Forum. http://www.artforum.com/diary/archive=200506. (Übersetzung aus dem Englischen T.U. & A.F.) [^]

[30] „Flick spricht von einer "Sehnsucht”, das zu begreifen, was man nicht begreifen könne, was man bloß "signalhaft” empfinde. Diese „Sehnsucht” könnten die Künstler "irgendwie aufzeichnen”. Zu seinem Künstlerkreis gehören neben Fischli/Weiss, Roman Signer und Pipilotti Rist beispielsweise auch Franz West aus Wien und der als Enfant terrible des internationalen Kunstbetriebs verschrieene Kalifornier Paul McCarthy. „McCarthy war schon oft bei mir in Gstaad", berichtete der Sammler: „Bis um fünf Uhr morgens haben wir manchmal auf dem Balkon gesessen und diskutiert."

Was die Künstler ihm gegeben haben, vermag er nicht auszudrücken, es ist nicht Intellektuelles, eher etwas Existentielles. Was ihn am Kontakt mit den Kreativen am meisten fasziniert, ist dass er dabei etwas aus umfassenderen Blickwinkel erfassen könne:„Es gibt Menschen und es gibt Künstler, und die Künstler sind eben anders als die Menschen. Die haben andere Gehirnwindungen." (Der Tagesspiegel, 17. Januar 2003)".Zitiert nach Seite 128, Von der Kunst des Erbens - Die „Flick-Collection" und die Berliner Republik Peter Kessen, Philo & Philo Fine Arts GmbH, Berlin Wien, 2004 ISBN 3-86572-521-X. [^]

[31] "Das Berüchtigte „Maze" findet neuen Gebrauch. Früher einmal. In vergangenen Zeiten war der Name des nordirischen „Long Kesh" Gefängnisses eine Umschreibung für menschliche Erniedrigung. Dann wurde sein Name in The „Maze" geändert, eine krasse Umbennenung, die nichts an seinem Ruf änderte. Jetzt wird der unglückselige Ort, außerhalb von Lisburn, in der Grafschaft Antrim gelegen niedergerissen und durch einen Luxus-Freizeitskomplex ersetzt werden, mit einem Sportstadium, einem Multiplex-Kino, einem vornehmen Hotel, Restaurants und viel mehr.

Long Kesh war ein Gefängnis. Ein Konzentrationslager, wie hartnäckige Republikaner nicht müde wurden zu betonen. Seine Insassen, so Republikaner wie auch Loyalisten, posierten als Kriegsgefangene obwohl ihre „militärischen Aktivitäten" in der Realität auf unbewaffnete Zivilisten gerichtet waren. Es war die Bühne für Hungerstreiks in denen sich republikanische Gefangene zu Tode hungerten, was ihrer Sache absolut keinen Ertrag einbrachte. Es wurde auch Schauplatz des „dirty protest", des „schmutzigen Protests", bei dem Insassen die Zellen mit ihrem eigenem Stuhl beschmierten, um damit klare Akzente zu setzen. Dort einen Freizeitkomplex zu errichten, ist, als würde man Belsen in ein Butlins (englische Kette von Vergnügungs-Parks) verwandeln lassen." Derek Brown, Guardian Weekly (International) (GB) June 9-15 2006 (Übersetzung aus dem Englischen T.U. & A.F.) [^]

[32] ”Heute vor 25 Jahren starb Robert Gerard Sands, gewöhnlich als Bobby Sands bekannt, nach einem Hungerstreik von 66 Tage. Er wurde am 9. März 1954 geboren und war nur 27 Jahre alt, als er starb. Er saß grade ein 14-jähriges Haftstrafe ab, verhängt für den Besitz von Schusswaffen - einer Pistole, die in einem Auto gefunden wurde, worin er mit vier anderen reiste. Während seines Gerichtsverfahren in 1977 wurden andere Anklagen bezüglich einer Bombe, die in der Nähe des Autos gefunden wurde, wegen Mangel an Beweise fallen gelassen, Es war nicht seine erste Gefängnis-Erfahrung. 1972 wurde er Mitglied der IRA und im selben Jahr ohne Prozess bis 1976 interniert. Von seinen 27 Lebensjahren konnte er nur 17 in Freiheit verbringen. Irland, wie man so sagt, war damals anders. & es ist sehr wichtig für jüngere Leser, einige Zeit über diese Unterschiede nachzusinnen und darüber welche Kräfte zu Bobby Sands Inhaftierung führten, zu den IRA-Aktionen, in das Krongefängnis des Long Keshs/"The Maze" und die ihn zu einem Fasten trieben, das am 1. März 1981 begann als er erst 26 Jahre alt war. Dieses Fasten wurde zur einem Hungerstreik - und führte zu seiner Wahl nach Westminster als Abgeordneter für Fermanagh & South Tyrone am 9. April 1981 - mit 30.492 Stimmen gegen 29.046 für Harry West, den Kandidaten der Ulster Unionist Partei; weniger als einen Monat später endete sein Leben in einem weltweit wahrgenommenen Martyrium. „The Citizen" (Der Bürger), von Richard Hamilton (1924-2005) entstand zwischen 1981 und 1983 als Ölgemälde auf Leinen, ein Diptychon auf zwei Paneelen mit der Dimensionen 200 x 100.9cm und 200x100cm. Das Diptychon reflektierte als Teil einer Dreierserie auf den Konflikt in Nordirland und sollte die "dirty protester" („schmutzigen Protestler") von Long Kesh/"The Maze" als christliche Märtyrer stilisieren. Die anderen zwei Hamilton Gemälde sind „The Subject" (Das Subjekt) 1988-9, das einen „Orangeman" (Oranier) darstellt, ein Mitglied des katholischen Ordens der sich der Verteidigung der Unionisten in Nordirland verschrieben hat. „The State" (Der Staat) 1993 zeigt einen britischen Soldaten, der einsam auf einer Strasse patrouilliert. Viele lehnten diese Werke als naiv ab. Dennoch hatte Hamilton seit den 1940ern mit seinen Versuchen, James Joyces „Ulysees" zu illustrieren, für seine Behandlung irischer Themen Respekt verdient hatte. „The Citizen" war zuerst neben Zeichnungen des Long Kesh, seiner Gefangenen und Arbeitskräfte von Rita Donnagh, seiner (Hamilton’s) Partnerin, in einem "art endeavour" (Kunst-Versuch) präsentiert worden, der zum Ärger Thatchers in London mit einem Stipendium der „GLC" (Greater London Council - Stadtrat von Groß-London) unter Ken Livingstone bedacht wurde. „The Citizen" wurde dann von der Tate Gallery London in 1985 erworben, aber wegen Platzmangels bis zur Eröffnung der zweiten Tate Gallery in 2000 nicht in der Öffentlichkeit präsentiert. Das war 19 Jahre nach dem Tode von Mr. Sands." 5.5.2006 Indymedia Ireland. http://www.indymedia.ie/article/75874. (Übersetzung aus dem Englischen T.U. & A.F.) [^]

[33] „"Der Innenminister (John Reid): 20. Juli 2006: Kolumne 476 „Straffällige haben wenige Möglichkeiten für Rehabilitation, und gefährliche Kriminelle werden früh freigelassen. Ungefähr 70 Prozent der jungen Männer werden innerhalb von zwei Jahren nach der Entlassung neu verurteilt - eine Erhöhung von 56 Prozent. Seit 1998 wurden mehr als 200 Straffällige wegen Mordes verurteilt. Diese Fakten sind ein direktes Resultat des Kurses der Regierung. Die Verantwortlichen haben stets versäumt genügend Gefängnisplätze anzuschaffen, haben stattdessen die Straffällige vorzeitig entlassen, und dabei das Leben von unschuldigen Bürger aufs Spiel gesetzt.

Jetzt sagt der Innenminister, dass er mehr Gefängnisse bauen wird, was wir natürlich willkommen heißen. Werden diese weiteren Plätze ausreichen - auch angesichts des andauernden Wachstums der Gefängnispopulation - um sich den härteren Strafurteilen und Rechtlinien, die er heute vorschlägt, aufzufangen? Wann werden diese Maßnahmen in Kraft treten? Wann werden die neuen Haftanstalten errichtet werden und die 8.000 erweitete Gefängnisplätzen gebrauchsfertig sein? Ich entnehme der Berichterstattung, dass es fünf Jahre dauern wird, bis diese Plätze in Betrieb genommen werden können. Was geschieht bis dahin? Wird es weiterhin frühzeitige Entlassungen von potenziellen Mördern geben? Werden es weitere lächerlich-mindere Strafen für Vergewaltiger und Paedophile geben? Wenn er andere Sträflinge entlassen wird, wie er sagt, kann er uns mehr Details darüber geben, wer diese sein werden?" (Übersetzung aus dem Englischen T.U. & A.F.)
http://www.publications.parliament.uk/pa/cm200506/cmhansrd/cm060720/
debtext/60720-1033.htm
. [^]

[34] Die Blöcke I und II in Prora haben neue Eigentümer. Die wollen dort Wohnungen bauen und im Erdgeschoss Gewerbe ansiedeln. Prora Die Blöcke I und II in Prora haben neue Eigentümer gefunden. Raymund Karg von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bestätigte gestern gegenüber OZ den Verkauf des etwa 36 Hektar großen Areals. Erworben hat es die „Prora Projektentwicklungs GmbH" aus Binz. Hinter der Gesellschaft stehen der in Binz nicht unbekannte Projektentwickler Ulrich Busch und der Diplom-Ingenieur Dieter Zeuke aus der Geschäftsführung der Firma Ostbau in Osterburg (Sachsen-Anhalt). Es habe weitere Interessenten für die beiden Blöcke gegeben, sagte Karg. Da sich beide Konzepte ähneln, habe letztlich der Kaufpreis über den Zuschlag entschieden. Wie hoch der ist, mochte er nicht sagen. Die Genehmigung des Haushaltsausschusses des Bundestages steht noch aus. Die Pläne der neuen Eigentümer sehen in den beiden Blöcken südlich der jetzigen Museumsmeile vor allem Wohnungen vor. Für ein ähnliches Projekt hatte eine Investorengruppe um den Hamburger Rechtsanwalt Paulick schon Pläne auf den Tisch gelegt, sich später aber zurückgezogen. „Es gibt nie eine Garantie, dass sich bestimmte Pläne verwirklichen lassen. Bei den jetzigen Käufern sehen wir und die Gemeinde aber sehr gute Chancen, dass sie ihr Projekt auch umsetzen werden", so Karg. „Sowohl wir als auch der Bürgermeister der Gemeinde Binz haben den Eindruck, dass sie das auch können." Wie genau die Blöcke I und II künftig aussehen werden, kann Ulrich Busch derzeit noch nicht sagen. Allerdings sei aus dem vorherigen Bebauungsplanverfahren bekannt, dass sich auch die Denkmalpflege seeseitig den Anbau von Balkonen vorstellen könnte. Die sechs Stockwerke könnten durch in die Treppenhäuser eingebaute Fahrstühle verbunden werden. Zirka 16 000 bis 17 000 Quadratmeter Fläche stehen in jedem der beiden Blöcke zur Verfügung. Den größten Teil wollen die neuen Eigentümer für Wohnzwecke nutzen: Eigentumswohnungen, Ferienwohnungen, altersgerechtes Wohnen. Wie viele Wohneinheiten es schließlich werden, soll im B-Plan-Verfahren abgeklärt werden. Für das Erdgeschoss planen Busch und Zeuke eine Mischung aus Kultur, Kunst, Gastronomie, Kleingewerbe und Einkaufsmöglichkeiten. Dabei wollen sie die Binzer Gewerbetreibenden mit einbeziehen. Auch mit bisherigen Nutzern der zerbröselnden Museumsmeile oder mit dem Dokumentationszentrum sind die Investoren im Gespräch und prüfen, ob sich deren Vorstellungen in den Blöcken I und II verwirklichen lassen. MAIK TRETTIN. 20.10.2006. http://www.ostseezeitung.de/archiv.phtml?SID=cc1cd78fb934fad9bf84
9c46e9235559&Param=DBArtikel&ID=2467235
[^]

 

Return to Top»



ISSN: 1547-4348. All material contained within this site is copyrighted by the identified author. If no author is identified in relation to content, that content is © Reconstruction, 2002-2016.